Archiv mit Dokumentations­stelle

Foto: Susanne Sak­er

Das REMID-Archiv beherbergt eine einzi­gar­tige Samm­lung von sog. “grauer Lit­er­atur” der ver­schieden­sten Reli­gion­s­ge­mein­schaften in Deutsch­land: Zeitschriften, Broschüren sowie grundle­gende Schriften, ergänzt um einen kleinen Bestand an Sekundär­lit­er­atur. Seit 2019 befind­et sich das REMID-Archiv in der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek Mar­burg, die die Archiva­lien mit Unter­stützung der DFG nach inter­na­tionalen Stan­dards erschlossen hat und den Inhalt des Archivs mit Meta­dat­en in all­ge­mein ver­füg­baren Daten­banken ausweist. Nach Abschluss des Pro­jek­ts 2022 ste­hen die Mate­ri­alien dauer­haft und mit großzügi­gen Nutzungsmöglichkeit­en in der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek Mar­burg für die Forschung bere­it.

Ent­deck­ungsraum Archiv

Ein Archiv muss kein Raum ver­staubter Akten sein. Im REMID-Archiv wird Reli­gion­s­geschichte lebendig. Die Mate­ri­alien geben Auskun­ft über Glauben, Diskus­sio­nen, Trends und Kon­tro­ver­sen in den ver­schiede­nen Gemein­schaften in Deutsch­land. Sie ver­mit­teln einen Ein­druck von der zunehmenden Plu­ral­ität der religiösen Land­schaft vor Ort. Lange bevor solche Entwick­lun­gen den Ein­gang in die wis­senschaftliche Lit­er­atur oder in Mate­ri­alien für die Schule gefun­den haben, wer­den sie in den Zeitschriften und anderen Selb­st­darstel­lun­gen sicht­bar. Andere Zeitschriften wiederum bericht­en wöchentlich, monatlich und manch­mal auch in größeren Abstän­den über diese Entwick­lun­gen.

Religiöse Quellen — zur Entstehung des REMID Archives

Wer sich mit aktueller Reli­gion­s­geschichte beschäftigt, kommt an den Mate­ri­alien und Selb­st­darstel­lun­gen, die von den ver­schieden­sten Reli­gion­s­ge­mein­schaften her­aus­gegeben wer­den, nicht vor­bei. Zeitschriften, Broschüren und Newslet­ter geben einen lebendi­gen Ein­blick in die The­men, Fra­gen, Diskus­sio­nen und auch Kon­flik­te, die in den Gemein­schaften behan­delt und aus­ge­tra­gen wer­den. Änderun­gen im Lehrver­ständ­nis sind hier genau­so doku­men­tiert wie neue Strate­gien der Mis­sion, der “Ziel­grup­penansprache” oder der Öff­nung zur Gesellschaft.

Die Möglichkeit dieser Innenan­sicht­en macht die sog. graue Lit­er­atur der Gemein­schaften und Bewe­gun­gen so wertvoll. Lei­der wird diese Lit­er­atur an den öffentlichen Bib­lio­theken nur sel­ten gesam­melt. Bei eini­gen Grup­pierun­gen, die in der Öffentlichkeit beson­ders kri­tisch gese­hen wer­den, gibt es manch­mal sog­ar die Hal­tung, dass deren Infor­ma­tio­nen keinen Ein­gang in staatlich finanzierte Bib­lio­theken find­en dürften.

Aus Sicht der Reli­gion­swis­senschaft han­delt es sich bei diesen Mate­ri­alien um notwendi­ge Quellen, die das angestrebte voll­ständi­ge Bild der religiösen Land­schaft erst ermöglichen. Dabei geht es nicht um die dis­tan­zlose Über­nahme von religiösen Selb­stzeug­nis­sen. Zeitschriften und Broschüren sind vielmehr eben­so Quellen wie das per­sön­liche Gespräch. Sie erschließen das “Forschungs­feld” Reli­gion in der ihnen eige­nen Weise und kom­plet­tieren die Ele­mente, die zu ein­er umfassenden Analyse von Reli­gio­nen und ihren Gläu­bi­gen gehören.

Aus diesen Über­legun­gen her­aus hat der Reli­gion­swis­senschaftliche Medi­en- und Infor­ma­tions­di­enst e. V. REMID schon seit sein­er Grün­dung den Auf­bau eines Archivs mit Doku­men­ta­tion­sstelle betrieben. Was mit pri­vat­en Spenden nicht mehr genutzter Mate­ri­alien begann, hat sich im Lauf der Jahre zu ein­er der umfan­gre­ich­sten Samm­lun­gen dieser Art von Quellen der gegen­wär­ti­gen Reli­gion­s­geschichte entwick­elt. Immer wieder musste REMID seinen Stan­dort wech­seln, weil die wach­senden Bestände des Archivs zu Raumprob­le­men der Geschäftsstelle führten.

Alle Mate­ri­alien wer­den dem REMID-Archiv unent­geltlich zur Ver­fü­gung gestellt. Aus Sicht des Vere­ins ist dies ein deut­lich­er Ver­trauens­be­weis und spiegelt das Bewusst­sein, dass es unab­hängige Orte geben muss, an denen das gegen­wär­tige Leben in den Reli­gion­s­ge­mein­schaften – ins­beson­dere den­jeni­gen “neben den Kirchen” – doku­men­tiert und für jede*n zugänglich ist.

Seit 2008 befind­et sich das Archiv in Räu­men der Philipps-Uni­ver­sität. Zunächst war es in der “Neuen Kan­zlei” im Gebäude der Reli­gion­skundlichen Samm­lung und des Fachge­bi­ets Reli­gion­swis­senschaft unterge­bracht und seit 2019 in der Mar­burg­er Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek.

Das Archiv ist nicht nur ein Baustein für eine fundierte, sach­liche Auseinan­der­set­zung mit Reli­gio­nen. Wis­sen um die religiöse und kul­turelle Vielfalt ist eine wesentliche Voraus­set­zung für eine Kul­tur des Respek­ts und der Anerken­nung.