Kurzinformation Religion: Transzendentale Meditation

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Gründung

“Tran­szen­den­tale Med­i­ta­tion”, kurz TM, nen­nt man die Tech­nik ein­er 1958 als “Spir­i­tu­al Regen­er­a­tion Move­ment” in Indi­en gegrün­de­ten neo­hin­duis­tis­chen Med­i­ta­tions­be­we­gung. Der Begriff wird aber eben­so syn­onym zur Beze­ich­nung der Organ­i­sa­tion selb­st benutzt.

Geschichte

Ihr Grün­der war Mahesh Prasad Var­ma (als Geburt­sname wird auch manch­mal J. N. Sri­vas­tara genan­nt), bekan­nt unter seinem religiösen Ehren­na­men Mahar­ishi Mahesh Yogi.
Mahar­ishi bedeutet soviel wie “großer Seher”. Rishis waren im alten Indi­en Inter­pre­ten und Ausleger heiliger hin­duis­tis­ch­er Texte. In dieser Tra­di­tion ist auch Mahar­ishi aufgewach­sen. Sein Alter und das genaue Geburts­da­tum wer­den geheimge­hal­ten; als wahrschein­lich­es Geburt­s­jahr wer­den 1910 oder 1918 genan­nt. Aus ein­er ange­se­henen Fam­i­lie stam­mend, studierte Mahar­ishi an der Uni­ver­sität Alla­habad Physik und Philoso­phie. Nach eini­gen Jahren Beruf­stätigkeit zog er sich in das sog. “Tal der Heili­gen” in den Himala­ja bei Uttar Kashi zurück und wurde Schüler des Hin­du-Mönchs Swa­mi Brah­manan­da Saraswati, auch Guru Dev (göt­tlich­er Lehrer) genan­nt. Dieser leit­ete in seinen let­zten zwölf Leben­s­jahren das Hin­du-Kloster Jyothir Math, das in der Tra­di­tion Shankaras ste­ht, des großen Refor­ma­tors des Hin­duis­mus aus dem 7. Jahrhun­dert. Hier soll Mahar­ishi den Auf­trag erhal­ten haben, ein dem West­en gemäßes Sys­tem der Med­i­ta­tion zu entwick­eln und zu ver­bre­it­en, d. h. eine leicht erlern­bare und wis­senschaftlich begründ­bare Med­i­ta­tion­stech­nik. 1952 starb Brah­manan­da, und Mahar­ishi set­zte seine Tätigkeit fort. 1958 grün­dete er in Madras seine erste Organ­i­sa­tion, das “Spir­i­tu­al Regen­er­a­tion Move­ment” (SRM).

Geschichte im Westen

1959 begab sich Mahar­ishi auf seine erste Aus­land­sreise, die ihn u. a. nach San Fran­cis­co führte und den Beginn der Mis­sion im West­en markierte. 1960 kam Mahar­ishi in die BRD und grün­dete eine erste Gruppe des SRM in Bonn. In dieser Zeit stand die Botschaft noch klar in der Tra­di­tion seines Gurus. Aber in seinem 1966 in englis­ch­er Sprache her­aus­gegebe­nen Hauptwerk “Die Wis­senschaft vom Sein und die Kun­st des Lebens” bemüht sich Mahar­ishi bere­its deut­lich­er um eine Eingliederung der TM-Tech­nik in den Kon­text west­lichen Wis­senschaftsver­ständ­niss­es. Erste Zweig­or­gan­i­sa­tio­nen wur­den gegrün­det, 1965 die “Stu­dents Inter­na­tion­al Med­i­ta­tion Soci­ety”, später dann die “Inter­na­tion­al Med­i­ta­tion Soci­ety” und die “Amer­i­can Foun­da­tion for the Sci­ence of Cre­ative Intel­li­gence”. Die Beze­ich­nung “Wis­senschaft der schöpferischen Intel­li­genz” wurde nun zum “Label” der TM-Tech­nik und deutete die neue Ten­denz an, sich mehr und mehr den Charak­ter ein­er Wis­senschaft als ein­er Reli­gion zu geben. Das Med­i­ta­tion­sange­bot sollte Stress, Hek­tik, innere Unruhe etc. über­winden und durch Intel­li­genz, Kreativ­ität und Gesund­heit erset­zen.
1972 wurde der Haupt­sitz der Bewe­gung im ehe­ma­li­gen Hotel Seel­is­berg in der Schweiz ein­gerichtet und 1974 um die “Mahar­ishi Euro­pean Research Uni­ver­si­ty” (MERU) erweit­ert, die ihr amerikanis­ches Gegen­stück in der „Mahar­ishi Inter­na­tion­al Uni­ver­si­ty“ seit 1973 besaß. 1972 wurde auch der “Welt­plan” aus­gerufen, das ehrgeizige Pro­jekt, inner­halb der näch­sten Jahre weltweit ein Prozent der jew­eili­gen Lan­des­bevölkerung für die Ausübung der TM-Med­i­ta­tion zu gewin­nen. 1975 wurde dann mit großem Wer­beaufwand das “Zeital­ter der Erleuch­tung” verkün­det, an dessen Mor­gendäm­merung wir uns derzeit befind­en sollen. Daher betrieb Mahar­ishi in Seel­is­berg auch die Errich­tung ein­er “Wel­tregierung” und entsprechen­der Min­is­te­rien sowie die Ein­set­zung von Gou­verneuren für die wichtig­sten Städte der Welt. Die TM steigerte ihren Bekan­ntheits­grad im West­en enorm, als sich die Bea­t­les 1967 zu Mahar­ishi und sein­er Med­i­ta­tion­stech­nik bekan­nten.
Eben­falls 1967 wurde in Bre­men-Blu­men­thal die “Akademie für Per­sön­lichkeit­sent­fal­tung” eröffnet, die für die gesamte Entwick­lung der TM in Deutsch­land sehr wichtig war. Mitte der 70er Jahre fol­gte in der Nähe von Osnabrück eine ähn­liche Ein­rich­tung, die “Wal­dakademie”.
Immer wieder aufs Neue ver­stand es Mahar­ishi, seine Tech­nik und seine Organ­i­sa­tion wer­be­wirk­sam in der Öffentlichkeit zu präsen­tieren. Anfang der 80er Jahre wird das soge­nan­nte Sid­dhis-Pro­gramm entwick­elt, das den Absolvent*innen die Erlan­gung übersinnlich­er Fähigkeit­en wie etwa die Lev­i­ta­tion ver­spricht. Durch deutsche Zeitschriften gin­gen zu dieser Zeit Fotografien von Men­schen im Schnei­der­sitz, die kurzfristig 50 Zen­time­ter über dem Boden schweben. Bei öffentlichen Demon­stra­tio­nen erschien dieses “Yogis­che Fliegen” eher als fort­geschrittenes Hüpfen, was einige Grup­pen von Sport­studierende mehrfach nach­wiesen.
1992 grün­de­ten in Deutsch­land TM-Anhänger die “Naturge­set­z­partei”. Dieser poli­tis­che Arm der TM-Bewe­gung sollte die Auf­gabe übernehmen, den “Mahar­ishi-Effekt” (s. u.) als ide­alen Weg zur Lösung aller ökonomis­chen und ökol­o­gis­chen Prob­leme zu propagieren. Die Naturge­set­z­partei ist so zum Nach­fol­ger der “Welt­plan­cen­ter” gewor­den. Die Partei agierte europaweit und hat darüber hin­aus auch in Aus­tralien, den USA und Kana­da an Wahlen teilgenom­men, allerd­ings mit durch­weg kaum mess­baren Ergeb­nis­sen. Sie hat­te ihre deutsche Zen­trale in Bre­men, wurde jedoch 2004 aufgelöst.

Lehre

Mantra-Med­i­ta­tion oder Sid­dhi-Kräfte gehören zum klas­sis­chen Bestandteil indisch-hin­duis­tis­ch­er Prax­is. Mahar­ishi beze­ich­nete sich gern als Mönch, der sein Wis­sen der vedis­chen Tra­di­tion ver­dankt. Die Veden sind die ältesten über­liefer­ten Schriften des Hin­duis­mus. Sie stam­men aus der Zeit der arischen Wan­derung nach Indi­en und sind in ihren ältesten Bestandteilen um 1800 v. Chr. ent­standen.
Anhand dieser Tat­sachen zeigt sich deut­lich, wie sehr TM trotz aller öffentlichen Dis­tanzierung im Welt­bild des Hin­duis­mus wurzelt. Es wäre zwar falsch zu behaupten, TM sei eine hin­duis­tis­che Organ­i­sa­tion, denn in der Tat gibt es im West­en viele beken­nende Christ*innen, die TM prak­tizieren. Doch genau­so falsch ist die Aus­sage, TM sei nicht religiös oder weltan­schaulich neu­tral. TM ist nur zu ver­ste­hen aus ihrer Tra­di­tion her­aus, und das sind die religiösen Wurzeln.
In der öffentlichen Darstel­lung wird der Schw­er­punkt dage­gen auf die poli­tis­chen Aktiv­itäten der Welt­plan­cen­ter respek­tive der Naturge­set­z­partei gelegt. Ihre Bemühun­gen richt­en sich in erster Lin­ie auf die Ver­wirk­lichung sog. “Mahar­ishi-Effek­tes”. Dieser Effekt tritt ein, wenn ein Prozent ein­er x‑beliebigen Pop­u­la­tion, (ein Stadteil, ein Dorf, ein Land, die Men­schheit) nach der TM-Meth­ode medi­tieren. Dann wür­den sich durch die pos­i­tive Ausstrahlung der Med­i­ta­tion­s­gruppe (und ihres “kohärenten Feldes”) beispiel­sweise Gesund­heit­szu­s­tand, Krim­i­nal­ität­srate und Bil­dungsniveau in der betr­e­f­fend­en Bevölkerungs­gruppe / Region drama­tisch zum Pos­i­tiv­en entwick­eln. TM legt seit Jahren aus­führliche empirische Stu­di­en vor, die anhand von sta­tis­tis­chem Mate­r­i­al den behaupteten Effekt bele­gen sollen.
Ein neuer Bere­ich, über den sich TM seit eini­gen Jahren ver­stärkt im West­en präsen­tiert, ist die altindis­che Heilkunde des Ayurve­da. TM betreibt in Europa mehrere Ther­a­piezen­tren, die ayurvedis­che Diag­nosen und Ther­a­pi­en anbi­eten. Diese Lehre wird aber nicht als eigen­ständi­ge jahrtausendealte Form ein­er klas­sis­chen Erfahrungsmedi­zin propagiert, son­dern über das Label “Mahar­ishi-Ayurve­da” wird sug­geriert, dass Mahar­ishi selb­st zum Entste­hen des Ayurve­da ursäch­lich beige­tra­gen hat.

Wichtige Elemente der religiösen Praxis

Die TM-Med­i­ta­tion wird zweimal täglich 15–20 Minuten lang aus­geübt. TM-Inter­essierte besuchen zuerst zwei Ein­führungsvorträge, die über Geschichte und Tech­nik von TM informieren. Es fol­gt ein per­sön­lich­es Gespräch mit einem TM-Lehrer. Den TM-Ausüben­den wird ver­sprochen, dass sie durch die Med­i­ta­tion in jed­er Hin­sicht gesün­der, kreativ­er, konzen­tri­ert­er und ruhiger werde. Medi­tiert wird mit einem per­sön­lichen Mantra, das die Proband*innen im Rah­men ein­er ini­ti­a­tion­sähn­lichen Puja (rel. Feier) erhal­ten. Mantren sind im Hin­duis­mus heilige, kraft­ge­ladene Wörter oder Sil­ben, deren laute oder stille Rez­i­ta­tion ener­getis­che Poten­zen aktiviert. Wie in der klas­sis­chen Lehre muss bei TM das Mantra geheimge­hal­ten wer­den, um seine Kraft zu erhal­ten. Nach der Erteilung des Mantras und dem Beginn der ersten Med­i­ta­tio­nen wer­den die Anfänger*innen noch einige Male in ihrer Tech­nik über­prüft und ihre Erfahrun­gen besprochen. Ob sie dann weit­er­hin in der TM-Bewe­gung aktiv mitar­beit­en oder die Übun­gen allein zu Hause vol­lziehen wollen, bleibt ihnen über­lassen. Für Fort­geschrit­tene bietet TM teure “Sid­dhi-Kurse” an. Sid­dhis sind die über­natür­lichen Kräfte, die die Yoga-Prak­tizieren­den laut der klas­sis­chen Texte im Laufe ihrer Übun­gen zu beherrschen ler­nen – Lev­i­ta­tio­nen, Mate­ri­al­isierun­gen, Hellse­hen etc. Man soll laut der klas­sis­chen Yoga-Lehre an diesen Fähigkeit­en jedoch nicht haften bleiben, da sie nur ein Neben­pro­dukt auf dem Weg der Erleuch­tung sind.
Die TM-Bewe­gung geri­et seit 1974 durch die Pub­lika­tio­nen des bayrischen Sek­ten­beauf­tragten der Evan­ge­lis­chen Kirche, F. W. Haack, mit in den Kanon der sog. “Jugen­dreli­gio­nen”, denen sein­erzeit destruk­tive soziale und psy­chol­o­gis­che Auswirkun­gen auf ihre Anhänger*innen vorge­wor­fen wur­den. Die TM hat jahre­lang gegen die Zuläs­sigkeit dieser Behaup­tung prozessiert und 1985 gerichtlich durchge­set­zt, dass dem Bun­des­fam­i­lien­min­is­teri­um unter­sagt wird, die TM als “Psy­chosek­te” oder “Jugend­sek­te” zu beze­ich­nen (1989 rev­i­diert).

Verbreitung

TM spricht von fünf Mil­lio­nen TM Prak­tizieren­den weltweit und 200.000 in Deutsch­land.
TM-Kritiker*innen nen­nen dage­gen etwa 2 Mil­lio­nen Prak­tizierende weltweit und 50.000 in Deutsch­land.
In Deutsch­land arbeit­en 450 TM-Lehrer*innen, die dafür eine ein­jährige Aus­bil­dung absolviert haben. Es gibt 170 Kon­tak­t­stellen für TM-Inter­essierte in Deutsch­land.

Organisation in Europa

Seine Zen­trale hat Mahar­ishi Ende der 80er Jahre vom schweiz­erischen Seel­is­berg ins hol­ländis­che Vlo­drop ver­legt, wo er auch in einem eige­nen Haus lebt. Neben Vlo­drop und Seel­is­berg gilt das eben­falls in Hol­land gele­gene Valken­burg als drittes wichtiges Zen­trum für die europäis­che TM-Bewe­gung.
TM ist in Deutsch­land über zwei Säulen organ­isiert: Ein­mal die Samhi­ta GmbH in Bis­sendorf, die die finanziellen Belange der Organ­i­sa­tion ver­tritt. Daneben existiert die Gesellschaft für Tran­szen­den­tale Med­i­ta­tion, Deutsch­er Ver­band e. V, mit Sitz in Bre­men, die die TM-Tech­nik ver­bre­it­et und die TM-Lehrer*innen ver­tritt.

Schriften

Mahar­ishi Mahesh Yogi: Die Wis­senschaft vom Sein und die Kun­st des Lebens (1966), Biele­feld 1998.

Kontaktadresse

TM-Infobüro Samhi­ta GmbH
Am Berg 13
49143 Bis­sendorf
Tel.: 0 18 05 / 21 64 21 – Fax: 21 64 22
samhita@t‑online.de
http://www.transzendentale-meditation.de

Literatur

Hum­mel, Rein­hart: Hin­du-Gurus heute, Wien 1992.
Müller-Elmau, Bern­hard: Kräfte aus der Stille. Die tran­szen­den­tale Med­i­ta­tion, Düs­sel­dorf 1992.
Schulte, Therese: Tran­szen­den­tale Med­i­ta­tion und wohin sie führt. Abschieds­dis­put ein­er TM-Lehrerin, Frank­furt a. M. 1986.

Autor: Peter Meier-Hüs­ing © REMID, 2001 (Über­ar­beitung 2023).

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