REMID
Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V.
Der Begriff “Volksfrömmigkeit” ist ein Konzept, dasallgemeinhin verwendet wird, um die religiöse Praxis und Spiritualität der breiten Bevölkerung oder einer spezifischen kulturellen Gemeinschaft zu beschreiben. Der Begriff setzt sich aus “Volk” und “Frömmigkeit” zusammen und bezieht sich auf die religiösen Ausdrucksformen, Bräuche, Rituale und spirituellen Praktiken, die von den Menschen innerhalb einer bestimmten kulturellen oder regionalen Gemeinschaft praktiziert werden.
Volksfrömmigkeit wird verbunden mit traditioneller oder volkstümlicher Religiosität und unterscheidet sich häufig von der offiziellen Lehre oder Doktrin der institutionalisierten Religionen. Diese Form der Frömmigkeit kann lokale Traditionen, Riten, Bräuche, Feste, Pilgerfahrten, Verehrung von Heiligen oder bestimmte spirituelle Praktiken umfassen, die eng mit der Kultur und Geschichte einer Gemeinschaft verbunden sind.
Theologie vs. Volksfrömmigkeit?
Eine ethnologische Feldbeobachtung “des Islams” unterscheidet sich mitunter stark von einer theologisch-philologischen Erörterung anhand des Korans, der Hadithe etc. Und das gilt für das Christentum genauso. Trotzdem besteht die Tendenz, zumeist eine “hochreligiöse” Theologie der Expert*innen einer Laienpraxis gegenüber aufzuwerten, als ob letzteres eigentlich nicht zur betreffenden Religion hinzugehöre und als “Aberglauben”, Überbleibsel von “Heidentum” oder ähnliches einen nachgeordneten Status erhält. Für diese unterschiedliche Bewertung gibt es aber keine sinnvolle Legitimation. Das gilt auch für Übertragungen, welche etwa einen Buddhismus der Philosophie von einem ritualbezogenen “Lamaismus” abgrenzen oder zwischen “philosophischem” und “religiösen” Daoismus unterscheiden wollen.
Text: Kris Wagenseil, Aktualisierung Mona Stumpe (2023)