REMID
Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V.
Aus christlicher Perspektive kann sehr vieles “Satanismus” sein, z.B. Rockmusik, Harry Potter oder Freimaurerei. Alte Vorstellungen von einer “Sekte” von Teufelsbündlern, wie man sie zur Zeit der Hexenprozesse annahm, die nicht im Mittelalter, sondern in der Frühen Neuzeit stattfanden, spielen hier eine Rolle – teilweise auch Verschwörungstheorien.
Tatsächlich gab es zunächst seit der Epoche der (Schwarz-)Romantik einen literarischen Satanismus. Zwar spielten einige okkulte Orden bereits um 1900 mit Elementen einer Deutung der antiken Gnosis als “Satanismus” (bzw. umgekehrt), aber im engen Sinn beginnt die Geschichte eines organisierten Satanismus als Religion erst mit der Church of Satan in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts (im weiteren mit den Hellfire Clubs und der Verwendung des satanischen Sujets bei der systematischen Kirchenschändung durch Bolschewist*innen während der Oktoberrevolution).
Organisierter Satanismus besteht heute aus mehreren Klein- und Kleinstgruppen, welche entweder rationalistisch unter “Satan” ein Prinzip verstehen oder Satanismus als eine Neo-Gnosis ausgestalten oder eine integrative Philosophie entwickeln (hier bietet die von Charles Manson gegründete “The Family” ein extremes, bislang nicht-repräsentatives Beispiel).
Daneben gibt es Satanismus als Jugendphänomen und als romantisch inspirierte Privatphilosophie. Hier erfolgten international wenige gewalttätige Medienereignisse. Die meisten Religionswissenschaftler*innen interpretieren die Berichte von “satanischem rituellen Missbrauch” als moral panic und verweisen auf fehlende Verurteilungen (auch sei laut Gerald Willms das dabei im Pädophil*innen-Milieu vermutete satanische Material nie bei Ermittler*innen aufgetaucht; “Die wunderbare Welt der Sekten”, Göttingen 2012, S. 264;)
Text: Kris Wagenseil (2015)