REMID
Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V.
Die Sozialförmigkeit des globalen Charismatischen Christentums
Am 13. Mai 2022 war es nun endlich so weit: Der Auftakt unserer Workshop-Reihe der zweiten Mapping Religionswissenschaft-Runde! Den Startschuss machte der Workshop mit Dr. Maren Freudenberg (Bochum) zum Thema: „Die Sozialförmigkeit des globalen Charismatischen Christentums: Der Schlüssel zum weltweiten Wachstum?“ Der Workshop verband Diskussionen zu Inter- und Multidisziplinarität in der Religionswissenschaft mit der Forschung zu Sozialdynamiken in religiösen Gemeinschaften.
Bevor wir in die inhaltliche Arbeit gingen, teilte Maren Freudenberg Einblicke in ihren Werdegang und aktuelle Beobachtungen zum akademischen Feld mit uns. Auch thematisierte sie die Chancen und Tücken (sub-)disziplinärer Neuorientierungen sowie die Rolle von Inter- und Multidisziplinarität im Feld der Religionswissenschaft. Daneben wurden sogleich methodische Fragen zur empirischen Forschung und zur Feldarbeit mit den ebenfalls empirisch arbeitenden Teilnehmer:innen besprochen, was allen einen direkten Einstieg in ihre Arbeitsweise und die Reflexion der je eigenen Arbeit ermöglichte.
Anschließend widmeten wir uns der inhaltlichen Arbeit an der Sozialförmigkeit des pfingstlerisch-charismatischen Christentums. Maren Freudenberg erläuterte zunächst den Entstehungszusammenhang und die Differenzierungen (neo-)pfingstlerischer und charismatischer Strömungen. Sie stellte gleichzeitig ihren Ansatz zur Erklärung des rasanten Wachstums dieser Strömungen vor, der vor allem auf die – bisher wenig systematisch erforschtee – Mesoebene setzt. Beispielhaft bezog sich Maren Freudenberg dabei vor allem auf die Vergemeinschaftungsdynamik(en) in der James River Church, die sie untersucht.
Die 12 Teilnehmenden thematisierten danach in Gruppenräumen unterschiedliche Schwerpunkte des Vortrags, und brachten ihre Perspektiven im Anschluss in die Gesamtdiskussion ein. So wurde einerseits die Sozialform als analytische Kategorie sowie im Hinblick auf ihre Vor- und Nachteile diskutiert. Der Fokus der Diskussion lag dabei auf sozialer Interaktion innerhalb religiöser Praxis und auf relevanten Aushandlungsdynamiken gruppeninterner Interaktionen. Genauso ging es aber auch um diverse Formen von Vergemeinschaftungsprozessen und wie diese in der Religionsforschung thematisiert werden .
Die Rolle von Emotionen war ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion. Dabei ging es einerseits um das Verhältnis von Emotionen und Autorität und ihre wechselseitige Konstitutierung und Legitimierung. Besonders einschlägig wurden hier auch methodologische Fragen diskutiert, so zum Beispiel die Erforschung von Emotionen, geeignete Forschungsdesigns und methodische Ausrichtungen sowie Entscheidungen im Forschungsprozess.
Beide Stränge wurden in der Gesamtdiskussion nochmals in Beziehung zueinander gesetzt und kritisch beleuchtet. Zudem erläuterte Maren Freudenberg diesbezüglich, wie ihre Perspektive weniger stark auf die individuelle Ebene, sondern auf die der sozialen Interaktion setzt und betonte die damit einhergehenden Vorteile einer auf Gruppendynamik ausgerichteten Perspektive.
Darüber hinaus teilte Maren Freudenberg auch viele praktische Erfahrungen zur Feldarbeit und methodische Überlegungen, die innerhalb des Forschungsprozesses verhandelt werden müssen (hier vor allem am Beispiel der Grounded Theory), was uns als Teilnehmende sehr bereichert hat. Wir hatten ebenso Raum, um uns zu den selten thematisierten Bereichen Empowerment von Nachwuchswissenschaftler:innen und Multidisziplinarität innerhalb der Religionsforschung auszutauschen.
Der erste Workshop bot uns einen spannenden Einstieg in die Art von Workshopreihe, die Mapping Religionswissenschaft ausmacht: Diskussion über Fachthemen mit Expert:innen und die Bezugnahme auf die eigene Forschung als Tool zur Vernetzung von jungen Religionsforscher:innen.