Basisinfo: Tod, Gericht und Paradies im Islam

Das Leben auf der Erde ist den Men­schen von Gott geschenkt. Es ist eine Zeit der Bewährung, in der der Men­sch die Möglichkeit erhält, ein Leben in Hingabe an Allah zu führen. Das Leben auf der Erde, der in Tat­en sicht­bar gewor­dene Glaube an Allah wird darüber entschei­den, ob der Men­sch im Paradies oder in der Hölle weit­erex­istieren muss.

Die Unausweichlichkeit des Todes

Es gibt zahlre­iche Stellen im Koran, die von der Unauswe­ich­lichkeit des Todes sprechen:

„Wo immer ihr seid, der Tod wird euch erre­ichen, auch wenn ihr in hochge­baut­en Bur­gen wäret“.

(Sure 4, 78)

Spätestens mit dem Tod wird offen­bar, dass Allah der Schöpfer allen Lebens ist, der einzige Gott. Umso mehr ist der Men­sch gehal­ten, in seinem Leben auf der Erde den Willen Allahs zu befol­gen. In ein­er Sure, die sich auf die Juden bezieht, heißt es:

„Sprich: Der Tod, vor dem ihr flieht“ – weil die hier ange­sproch­enen Juden ins­ge­heim wis­sen, dass sie Unrecht tun – „wird euch erre­ichen. Dann werdet ihr zu dem, der das Unsicht­bare und das Offen­bare ken­nt, zurück­ge­bracht, und Er wird euch kund­tun, was ihr zu tun pflegtet“.

(Sure 62, 8)

Der Weg der Seele nach dem Tod

Sehr deut­lich tren­nt der Islam Seele und Kör­p­er. Der Kör­p­er ist die äußere Form, die das Leben auf der Erde ermöglicht. Er stirbt und wird ver­we­sen. Die Seele aber ist unsterblich.

„Sprich: Abberufen wird euch der Engel des Todes, der mit euch betraut ist. Dann werdet ihr zum Her­rn zurück­ge­bracht“

(Sure 32, 11)


Dieser Tode­sen­gel, nach der Tra­di­tion mit Namen Izra’il , erscheint zur Stunde des Todes, um die Seele vom Kör­p­er tren­nen. Er führt die Seele zu einem Zwis­chen­gericht im Him­mel. Hat der Men­sch ein Gott wohlge­fäl­liges Leben geführt, wird ihm mit­geteilt, dass ihm alle seine Sün­den vergeben sind. Haben der Glaube und die Tat­en des Men­schen vor Gott keinen Bestand, wird die Seele beim Ein­tritt in den Him­mel zurück­gewiesen und zum Ver­samm­lung­sort der Ver­dammten gebracht.
Nach diesem Zwis­chen­gericht wird die Seele in den Kör­p­er des Ver­stor­be­nen zurück gebracht. Es fol­gt eine Befra­gung im Grab; nach der Über­liefer­ung wie fol­gt:

  • (1) „Wer ist dein Gott?“
  • (2) Wer ist dein Prophet?“
  • (3) „Was ist deine Reli­gion?“
  • (4) „Wohin zeigt deine Gebet­srich­tung?“

Kann der Ver­stor­bene die Fra­gen richtig – im Sinne des islamis­chen Glaubens – beant­worten, wird ihm von zwei anderen Engeln mit Namen Mubashar („Fro­he Botschaft“) und Bashir („Verkün­der fro­her Botschaft“) die nun fol­gende Zeit erle­ichtert. Sie ver­heißen ihm auch das spätere Leben im Paradies. Kann der Ver­stor­bene die Fra­gen jedoch nicht richtig beant­worten, muss er bere­its im Grab Qualen erlei­den, die ihm von den Engeln Munkar („Das Ver­w­er­fliche“) und Nakir („Das Neg­a­tive“) zuge­fügt wer­den.
Nach dieser Befra­gung fol­gt eine Wartezeit. Sie dauert bis zur Aufer­ste­hung am Tag des Jüng­sten Gerichts.

Auferstehung und Jüngstes Gericht

Die See­len erleben die Wartezeit zwis­chen der Befra­gung im Grab und der Aufer­ste­hung wie in einem schlafähn­lichen Zus­tand. In der Rückschau wird sie jedoch als äußerst kurze Zeit wahrgenom­men (siehe Suren 10,45; 79,46 oder 20, 103).
Die Aufer­ste­hung beschließt den Kreis­lauf des Lebens. Gott hat den Men­schen erschaf­fen und ihm das Leben auf der Erde geschenkt, und nach dem Tod wird er ihm aus einem Rest des ver­stor­be­nen Kör­pers einen neuen Kör­p­er machen und die Seele wieder mit diesem Kör­p­er vere­ini­gen.

Ähn­lich der christlichen Tra­di­tion ist die Aufer­ste­hung der Toten Teil eines endzeitlichen Dra­mas mit einem Gericht über die Men­schen. Der Zeit­punkt ist unbes­timmt, wird aber von moralis­chem Ver­fall und Naturkatas­tro­phen begleit­et sein. Allah als Schöpfer wird dann Richter aller Men­schen sein. Ihre Tat­en sind in einem Buch verze­ich­net, sie wer­den den Men­schen ver­lesen. Gute und schlechte Tat­en wer­den auf ein­er Waagschale gegeneinan­der aufge­wogen, zum Beweis der Ver­fehlun­gen treten Zeu­gen auf. Dabei wird Jesus als Ankläger gegen Juden und Chris­ten erscheinen; Mohammed kann sowohl Ankläger als auch Vertei­di­ger des Men­schen sein. Let­ztlich aber ist es Allahs alleinige Entschei­dung, welch­es Urteil gefällt wird.

Dabei hof­fen viele Mus­lime auf die Barmherzigkeit Allahs, denn in sein Belieben ist die Verge­bung der Sün­den gestellt. Nach diesem Gericht nimmt ein Engel die Gläu­bi­gen und führt sie über eine schmale Brücke. Unter dieser Brücke, die laut Über­liefer­ung schmaler als ein Haar und schär­fer als ein Schw­ert sein soll, lodert das Höl­len­feuer. Wer das Gericht nicht bestanden hat, stürzt hin­unter, die vor Gott Gerecht­en jedoch gehen unbeschadet weit­er und treten ins Paradies sein, wo Gottes Richter­spruch endgültig besiegelt wird.

Hölle und Paradies

Die Hölle ist ein Ort unvorstell­bar­er Qualen, die im Koran und in den Schriften der Über­liefer­ung facetten­re­ich aus­gestal­tet sind. Ungläu­bige müssen dort ewig verbleiben. Mus­lime, die auf Grund ihrer Ver­fehlun­gen das Gericht nicht bestanden haben, dür­fen jedoch darauf hof­fen, nach ein­er Zeit, die sie als Strafe in der Hölle ver­brin­gen müssen, doch noch ins Paradies einzutreten.

Auch das Paradies wird im Koran anschaulich beschrieben. Es ist ein Ort der Sin­nen­freuden, der Leichtigkeit und des Friedens. Vor allem aber ist das Paradies der Ort, an dem der Men­sch nahe bei Gott ist. Darin liegt let­ztlich der Lohn für alle Anstren­gun­gen im Leben auf der Erde.

Der Tod ist für die Mus­lime also Teil eines Heil­s­plans, der bere­its mit der Schöp­fung Gottes angelegt ist. Das Leben auf der Erde bein­hal­tet automa­tisch das Ende. Als solch­es ist der Tod, der das Ende des Lebens auf der Erde bes­timmt, aber nur ein notwendi­ger Über­gang – Teil des Weges, nach dem irdis­chen Leben in der Nähe Gottes zu sein.

Autor: Stef­fen Rink, Aktu­al­isierung Mona Stumpe (2023)

Index