REMID
Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V.
Das Fasten (arabisch: Saum) bildet die vierte sog. Säule des Islam. Das bedeutet, dass das Fasten für alle Muslim*innen verpflichtend ist: „Oh ihr, die ihr glaubt, vorgeschrieben ist euch, zu fasten, so wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch lebten, auf dass ihr gottesfürchtig werdet“ (Sure 2,183). Als vorgeschriebene Fastenzeit bestimmt Sure 2,185 den Monat Ramadan, weil in diesem Monat die Offenbarung des Koran an den Propheten Mohammed begonnen hat:
Sure 2,185
„Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran herabgesandt wurde als Rechtleitung für die Menschen und als deutliche Zeichen der Rechtleitung und der Unterscheidungsnorm. Wer von euch nun in diesem Monat anwesend ist, der soll in ihm fasten.“
Bestimmung der Fastenzeiten
Der Fastenmonat Ramadan beginnt, wenn am ersten Tag des Monats die Mondsichel erkennbar wird und endet, wenn sich dies zu Beginn des Folgemonats wiederholt. Die tägliche Fastenzeit umfasst die Zeit des Tageslichts. Beides ist im Koran und in der Sunna des Propheten Mohammed niedergelegt. Das Fasten beginnt, wenn „ihr in der Morgendämmerung den weißen Faden vom schwarzen Faden unterscheiden könnt. Danach vollzieht das Fasten bis zur Nacht“ (siehe Sure 2, 187).
Das Fasten eines Muslim oder einer Muslima ist jedoch nicht auf den Ramadan beschränkt. Als Selbstverpflichtung oder als Teil eines Gelübdes kann es auch außerhalb des Ramadan ausgeübt werden; das Fasten gilt als eine Gott wohlgefällige, segensreiche Handlung. Als Vorbild gilt auch hier der Prophet Mohammed, der an weiteren Tagen gefastet hat.
Fastengebote
Vor den Fasten muss eine Absichtserklärung (arabisch: Niyya, „Absicht) des Gläubigen ausgesprochen werden. Erst dadurch erhält das Fasten seine Gültigkeit im Sinne der Erfüllung der religiösen Pflicht und der durch das Fasten erhofften Verdienste. Die Niyya wird entweder vor der Morgendämmerung eines Fastentages oder zu Beginn des Monats Ramadan gesprochen.
Während der täglichen Fastenzeit haben sich die Gläubigen jeglicher Nahrungsaufnahme – sowohl Speisen als auch Flüssigkeiten – zu enthalten. Essen und Trinken sind aber nur ein Teil des grundsätzlichen Verbots der Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeiten in den Körper sowie weiter gehender Annehmlichkeiten und sinnlichen Befriedigungen. In den Hadithen gibt es hierzu zahlreiche Hinweise. Sie reichen vom Verzicht auf Parfüm oder Tabak bis zum Verbot des Geschlechtsverkehrs.
Als besonders verdienstvoll wird angesehen, sich während des Fastens dem Koran zu widmen, in die Moschee zum Beten oder zur gemeinschaftlichen Koranrezitation zu gehen, aber auch durch andere Handlungen seinen Glauben zu bezeugen. In Bezug auf die Nahrungsaufnahme wird empfohlen, vor dem Beginn des Fastens noch eine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Die erste Speise nach Einbruch der Dunkelheit soll aus Wasser und Datteln bestehen, bevor in der Nacht wieder all das erlaubt ist, was am Tag zu unterlassen war.
Die Verpflichtung zum Fasten
Das Fasten im Monat Ramadan ist für alle erwachsenen Muslime, gleich ob Mann oder Frau, verpflichtend. Meist nehmen die Jugendlichen mit dem Einsetzen der Pubertät erstmals am Fasten teil.
Der Koran selbst beschreibt jedoch auch die Ausnahmen, denn „Gott will für euch Erleichterung, Er will für euch nicht Erschwernis“ (Sure 2,185). Deshalb sind Kranke – sowohl physisch oder psychisch – und Menschen, die sich auf einer Reise befinden, von der Verpflichtung zum Fasten befreit.
Gleiches gilt für Frauen während der Schwangerschaft oder der Zeit des Stillens. Dass Frauen während der Menstruation vom Fasten ausgeschlossen sind, hat seine Begründung neben gesundheitlichen Aspekten auch im Zustand der Unreinheit, in dem sich die Frauen in dieser Zeit befinden.
Wer im Monat Ramadan nicht fasten kann oder wer z. B. durch die Aufnahme einer Flüssigkeit das Fasten gebrochen hat, soll die entsprechenden Tage nachholen. Alternativ kann auch ein Almosen gegeben werden.
Die Bedeutung des Fastens
Das Fasten im Islam hat mehrere Aspekte. Abgesehen von der formalen Erfüllung einer im Koran von Allah geoffenbarten Verpflichtung dient es den Gläubigen dazu, sich in einer bestimmten Zeit auf Gott zu konzentrieren und sich ihres Glaubens neu bewusst zu werden. In der Fastenzeit erhält die Hingabe der Gläubigen an Allah, die Befolgung seiner Gebote, das Vertrauen auf seine Rechtleitung eine Aktualisierung, die in den Allltag des kommenden Monate wirken soll. Darüber hinaus erhoffen die Muslim*innen die Vergebung ihrer Sünden und erwarten, dass sie nach dem Tod der Hölle entgehen und Annehmlichkeiten im Paradies werden genießen können.
Neben dieser unmittelbaren religiösen Bedeutung hat das Fasten im Monat Ramadan weitere gemeinschaftliche Aspekte. Wie bei allen religiösen Pflichten, die im Islam zu festgelegten Zeiten erfüllt werden, erfährt sich die gläubige Person als Teil einer großen Gemeinschaft. Dies wird vor Ort zum Beispiel durch den Besuch der Moschee und die rituelle Wiederholung der täglichen Fastenzeit im Wechsel mit dem familiären abendlichen Beisammensein, wenn die erste Mahlzeit eingenommen wird, konkretisiert. Deshalb ist gerade für junge Menschen die erstmalige Teilnahme am Fasten im Monat Ramadan ein besonderes Erlebnis, da sie nun noch stärker in die Gemeinschaft der Muslim*innen integriert werden. Aus diesem Anlass richten die Familien oft nach Abschluss des Fastenmonats ein Fest aus.
Der gemeinschaftliche Aspekt wird dadurch unterstützt, dass der Monat Ramadan nicht nur als Zeit der Vergebung Allahs für die Sünden des Einzelnen angesehen wird, sondern auch als Zeit der Versöhnung zwischen den Menschen. Unabhängig von diesen auf den Fastenmonat Ramadan bezogenen Bedeutungen spielt das Fasten in der spirituellen Praxis des Sufitums eine herausragende Rolle. Die immer wieder geübte Enthaltsamkeit unterstützt hier den Weg der Vereinigung des Gläubigen mit Gott.
(Koranzitate nach der Übersetzung von Adel Theodor Khoury, Gütersloh, 2. Aufl. 1992)
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Autor: Steffen Rink, Aktualisierung Mona Stumpe (2023)