Basisinfo: Bestattung im Islam

Der Tod eines Men­schen bedeutet für den Ver­stor­be­nen den Über­tritt in das Jen­seits, wo er auf das Gericht Gottes am Jüng­sten Tag wartet, um ins Paradies oder in die Hölle einzuge­hen. Der Tod ist Über­gang, was sich auch in den Bestat­tungsriten spiegelt.

Vorbereitung auf den Tod

Kündigt sich das Ende des Lebens an, soll die ster­bende Per­son nicht mehr alleine gelassen wer­den. Es gilt als gutes Werk, sich bei der ster­ben­den Per­son zu ver­sam­meln, sie an ihre guten Tat­en und das Glück des Lebens zu erin­nern, damit sie die Welt in Dankbarkeit vor Gott ver­lässt. Die am Toten­bett Ver­sam­melten bit­ten Gott um die Verge­bung der Sün­den der ster­ben­den Per­son.
Wenn der Tod unmit­tel­bar bevorste­ht, soll die ster­bende Per­son nach Möglichkeit so gelegt wer­den, dass ihr Gesicht nach Mek­ka schaut. Die Trauerge­meinde spricht das Glaubens­beken­nt­nis, auch in der Hoff­nung, dass es die ster­bende Per­son noch mit­beten kann und mit den Worten – „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah“ – ihr Leben been­det.

Trauerriten und Bestattung

Unmit­tel­bar nach dem Ein­treten des Todes wird die ver­stor­bene Per­son gewaschen. Dabei han­delt es sich um Ganzkör­per­waschung nach den rit­uellen Vorschriften. Bei Frauen wird die Waschung von von Frauen, bei Män­nern von Män­nern durchge­führt; meist von Ver­wandten des/der Toten. Danach wer­den die Kör­peröff­nun­gen ver­schlossen. Schließlich wird der/die Tote in weiße Tüch­er gewick­elt; bei Gläu­bi­gen, die die Wall­fahrt nach Mek­ka unter­nom­men haben, soll es das Wall­fahrts­ge­wand sein.
Die Bestat­tung soll möglichst schnell erfol­gen: Bei Ein­tritt des Todes am Vor­mit­tag noch am sel­ben, anson­sten am darauf fol­gen­den Tag. Die ver­stor­bene Per­son wird möglichst zu Fuß auf den Fried­hof gebracht – auch die Tote­nen­gel begleit­en sie/ihn zu Fuß -, falls dies nicht schon vorher zur Durch­führung der Waschun­gen in der Fried­hof­shalle geschehen ist. Viele Mus­lime betra­cht­en es als eine beson­dere Ehre, die tote Per­son zu zum Grab zu tra­gen und dabei deren Gewand zu berühren – meist sind es Män­ner, die den Leich­nahm tra­gen, wie die Grable­gung selb­st Auf­gabe der Män­ner ist.
Vor der Grable­gung wer­den die Totenge­bete gesprochen, die aus ein­er Folge von Glaubens­beken­nt­nis (Scha­ha­da), Gebet der 1. Sure des Koran, Bitt- und Für­bit­tenge­beten beste­hen und mit dem Friedens­gruß abgeschlossen wer­den. Danach fol­gt die Grable­gung. Der/die Tote soll so auf seine/ihre rechte Seite gelegt wer­den, dass sein/ihr Gesicht nach Mek­ka schauen kann. Die Trauerge­meinde schließt das Grab, indem sie Erde in die Toten­grube füllen; dabei wird Sure 20,55 gesprochen: „Aus ihr [Erde] haben Wir euch erschaf­fen, und in sie lassen Wir euch zurück­kehren, und aus ihr brin­gen Wir euch ein anderes Mal her­vor.“ Nach der Grable­gung ver­sam­melt sich die Gemeinde zu einem gemein­samen Mahl.

Trauerzeiten und Klage über den Toten

Es begin­nt eine dre­itätige Trauerzeit, in der die Ange­höri­gen Beilei­ds­be­suche abstat­ten, Gebete sprechen und aus dem Koran rez­i­tieren. In den 40 Tagen nach dem Tod sollen die eng­sten Ver­wandten eine aus dun­klen Far­ben beste­hende Trauerklei­dung tra­gen. Hochzeit­en, aber auch andere Aktiv­itäten wie der Besuch von Musik- und Tanzver­anstal­tun­gen sollen ver­mieden wer­den. Diese 40 Tage währende Trauerzeit wird durch ein Essen in der Fam­i­lie, den Besuch des Grabes und dem Verteilen von Spenden been­det. Nach Ablauf eines Jahres nach dem Tod, dem Ende der offiziellen Trauerzeit, wird dies noch ein­mal wieder­holt.
Fernse­hbilder von aufge­bracht­en Män­nern im Gefolge eines Trauerzuges zum Fried­hof und von laut wehk­la­gen­den Frauen leg­en nahe, dass im Islam eine inten­sive Toten­klage stat­tfind­et. Nach Koran und Tra­di­tion jedoch ist den Gläu­bi­gen Zurück­hal­tung in der Klage um den Ver­stor­be­nen geboten: „Der Tote wird ges­traft für die Kla­gen, die seine Fam­i­lie für ihn ver­anstal­tet“ – so soll es Mohammed gesagt haben. Und weit­er: „Ich habe ihnen ver­boten zu weinen, aber sie gehorchen mir nicht. Mein Gott, sie sind stärk­er als ich – oder als wir“ (Hadith, über­liefert nach al-Buchari). Daraus wird gemein­hin abgeleit­et, dass der Islam die Trauer und die Klage über den Ver­stor­be­nen als Aus­druck men­schlich­er Empfind­un­gen akzep­tiert und anerken­nt, dass der Tod einen Ver­lust für die Hin­terbliebe­nen bedeutet. Im Vorder­grund sollte der jedoch Gedanke ste­hen, dass der Ver­stor­bene durch seinen Tod einen Schritt hin auf seinem Weg zu Allah gehen kann – und dass die Hin­terbliebe­nen diesen Weg durch Gebete und Für­bit­ten unter­stützen kön­nen.

Autor: Stef­fen Rink, Aktu­al­isierung Mona Stumpe (2023)

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