Religion und Vorurteil: Muslim- und Islamfeindlichkeit

Islamophobie, Islamfeindlichkeit, Antimuslimischer Rassismus und Muslimfeindlichkeit

Es gibt ver­schiedene Begriffe, die die Ablehnung gegenüber dem Islam und mus­lim­is­chen Per­so­n­en beschreiben. Islam­o­pho­bie, Islam­feindlichkeit, Antimus­lim­is­ch­er Ras­sis­mus und Mus­lim­feindlichkeit sind nur einige der Beze­ich­nun­gen, die oft als Syn­onyme ver­wen­det wer­den. Die Übergänge zwis­chen den Begrif­f­en sind fließend, und oft find­et keine klare Abgren­zung statt. Weit­er­hin gibt es keine all­ge­mein anerkan­nten Def­i­n­i­tio­nen dieser Begriffe, und jed­er birgt seine eige­nen spez­i­fis­chen Prob­leme. Im Fol­gen­den wer­den u.a. die Def­i­n­i­tio­nen der Bun­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung dargestellt.1

‘Islam­o­pho­bie’ wird auf­grund ihrer Ety­molo­gie oft als “emo­tion­al begrün­dete Abnei­gung gegen den Islam“2 und Muslim*innen ver­standen. Kri­tik­er weisen jedoch darauf hin, dass dieser Begriff nicht nur die struk­turelle Dimen­sion der Diskri­m­inierung unzure­ichend erfasst, son­dern auch dazu beiträgt, “gefes­tigte Ein­stel­lun­gen als Emo­tio­nen zu ver­harm­losen“3 – eine wirk­liche Angst ist nur sel­ten gemeint.

‘Islam­feindlichkeit’ beze­ich­net eine generelle, rig­orose Abnei­gung oder ablehnende Hal­tung gegenüber dem Islam als Glaubenssys­tem. Wie der Begriff bere­its ver­muten lässt, richtet sich die Abnei­gung primär gegen die Ide­olo­gie und die religiösen Prinzip­i­en selb­st. Sie kann sich auf kri­tis­che Ansicht­en bezüglich religiös­er Prak­tiken, the­ol­o­gis­ch­er Überzeu­gun­gen oder sozialer Nor­men im Islam beziehen.

‘Antimus­lim­is­ch­er Ras­sis­mus’ entstammt der Ras­sis­mus­forschung und geht über religiöse Vorurteile hin­aus. Der Begriff bezieht sich auf die Diskri­m­inierung und Feind­seligkeit gegenüber Men­schen mit mus­lim­is­chem Hin­ter­grund, unab­hängig von ihrer tat­säch­lichen Reli­gion­sprax­is. Hier wer­den sowohl religiöse als auch kul­turelle Merk­male als Basis für Vorurteile genom­men, und es kann zu ras­sis­tisch motiviert­er Diskri­m­inierung kom­men. Allerd­ings ist hier Vor­sicht geboten, da es sich bei Muslim*innen nicht um eine “Rasse” han­delt. Um den Begriff einord­nen und ver­ste­hen zu kön­nen, “muss zunächst eine Def­i­n­i­tion von Ras­sis­mus erfol­gen:

Er beze­ich­net biol­o­gis­tis­che Auf­fas­sun­gen, die erstens aus ange­blichen eth­nis­chen Beson­der­heit­en von Men­schen­grup­pen eine “Rasse” ableit­en und zweit­ens die dann dieser Rasse zuge­ord­neten Men­schen diskri­m­inieren und abw­erten. Dies bet­rifft Ein­stel­lun­gen, Äußerun­gen und Hand­lun­gen und geht bis hin zur Gewalt.“4

Mus­lim­feindlichkeit’ bezieht sich im Gegen­satz zu den anderen Beze­ich­nun­gen auf eine ablehnende Hal­tung gegenüber den Men­schen, die den Islam prak­tizieren oder als Muslim*innen iden­ti­fiziert wer­den – nicht gegenüber der Reli­gion selb­st. Die Bun­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung betont die Bedeu­tung dieses Bezugs aus fol­gen­den Grün­den:

“Für eine Analyse und Bew­er­tung von Ein­stel­lun­gen und Posi­tio­nen aus men­schen­rechtlich­er Sicht ist dieser Bezug äußerst wichtig, sind doch die Mus­lime als Men­schen und nicht der Islam als Reli­gion Träger dieser Rechte. Außer­dem darf auf einen grundle­gen­den Unter­schied ver­wiesen wer­den: Selb­st wer den Islam rig­oros ablehnt und ihn für aufk­lärungs­feindlich und rück­wärts­ge­wandt hält, muss dies nicht mit der Diskri­m­inierung der Mus­lime bezüglich ihrer Bürg­er- und Men­schen­rechte verbinden.“5

Es gibt keine ein­deutige wis­senschaftliche Eini­gung darüber, welch­er Begriff bevorzugt ver­wen­det wer­den sollte. Die Wahl des Begriffs hängt oft vom spez­i­fis­chen Kon­text ab:

  • In der poli­tis­chen Bil­dung und Men­schen­recht­sar­beit wird oft Mus­lim­feindlichkeit bevorzugt, da dieser Begriff den Fokus auf die Diskri­m­inierung von Men­schen legt.
  • In der Ras­sis­mus­forschung wird antimus­lim­is­ch­er Ras­sis­mus häu­fig bevorzugt, um die struk­turellen Dimen­sio­nen der Diskri­m­inierung her­vorzuheben.
  • Islam­o­pho­bie wird in pop­ulär­wis­senschaftlichen Kon­tex­ten noch oft ver­wen­det, hat jedoch in wis­senschaftlichen Diskus­sio­nen an Präferenz ver­loren, da der Begriff als zu stark auf emo­tionale Reak­tio­nen fokussiert ange­se­hen wird. Auch die Entste­hungs­geschichte des Begriffs scheint prob­lema­tisch; glaubt man den Pub­lizistin­nen Car­o­line Fourest und Fiammet­ta Ven­ner, dann kam das Wort erst­mals im Iran nach der Islamis­chen Rev­o­lu­tion von 1979 auf: Den Mul­lahs diente er als poli­tis­ch­er Kampf­be­griff, um ihre Geg­n­er zu dif­famieren6.

Für den prak­tis­chen Gebrauch ist es wichtig, den Begriff zu wählen, der die spez­i­fis­che Form der Diskri­m­inierung oder Ablehnung am besten beschreibt und den Diskurs, den man führen möchte, am tre­f­fend­sten unter­stützt.

REMID Blog-Beiträge mit Bezug zur Islam­o­pho­bie-The­matik:

Externe Links zu Islam­o­pho­bie:

Quellen

  1. *https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/180774/islamfeindlichkeit-islamophobie-islamkritik-ein-wegweiser-durch-den-begriffsdschungel/ ↩︎
  2. https://mediendienst-integration.de/artikel/was-unterscheidet-islamfeindlichkeit-von-islamophobie.html ↩︎
  3. https://mediendienst-integration.de/artikel/was-unterscheidet-islamfeindlichkeit-von-islamophobie.html ↩︎
  4. https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/180774/islamfeindlichkeit-islamophobie-islamkritik-ein-wegweiser-durch-den-begriffsdschungel/ ↩︎
  5. https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/180774/isla
    mfeindlichkeit-islam­o­pho­bie-islamkri­tik-ein-weg­weis­er-durch-den-begriffs­d­schun­gel/ ↩︎
  6. https://jungle.world/artikel/2003/50/islamophobie ↩︎

REMID, 2023.