„Was ist Religionsgeschichte, und wenn ja, wie viele?“

Work­shop mit Prof. Dr. Isabel Laack (Uni­ver­sität Tübin­gen)

Die Reli­gion­s­geschichte bildet einen Schw­er­punkt der Reli­gion­swis­senschaft, der vor dem Hin­ter­grund aktueller Debat­ten aber nicht unum­strit­ten ist. Wie kön­nte eine postkolo­nial informierte, diver­sitätssen­si­ble und zeit­gemäße Reli­gion­s­geschichtss­chrei­bung ausse­hen, die ihre eigene Macht­po­si­tion reflek­tiert?

Dieser brisan­ten, aktuellen Frage wandten sich am 18. Juli 2022 beim drit­ten Map­ping Reli­gion­swis­senschaft-Work­shop Frau Prof. Dr. Isabel Laack von der Uni­ver­sität Tübin­gen zu, gemein­sam mit Organisator:innen und 15 Teil­nehmenden aus aus dem deutschsprachi­gen Raum. Bevor sich das Pro­gramm der Ver­net­zungsar­beit und der gemein­samen Diskus­sion der im Vor­feld vor­bere­it­eten Fra­gen wid­mete, gab Frau Laack den Teil­nehmenden einen aus­führlichen Ein­blick „hin­ter die Kulis­sen“ ihres akademis­chen Werde­gangs. Ger­ade auch den weib­lichen wis­senschaftlichen Nach­wuchs sollte das dazu motivieren, sich nicht von mitunter gemis­cht­en Zukun­ft­sprog­nosen für das akademis­che Fortkom­men in ihren Entwick­lungsmöglichkeit­en abhal­ten zu lassen.

Zen­traler Teil des Work­shops war die Auseinan­der­set­zung mit Fra­gen rund um die method­ol­o­gis­che Aus­rich­tung reli­gion­swis­senschaftlich­er Forschung. Wie kön­nen nicht-europäis­che Tra­di­tio­nen unter­sucht wer­den, zu denen nicht primär schriftliche Quellen vor­liegen? Wie kön­nen archäol­o­gis­che, materielle und reli­gion­säs­thetis­che Ele­mente inte­gri­ert wer­den? In Kle­in­grup­pen disku­tierten die Workshopteilnehmer:innen über Frau Laacks Text „Wozu Postkolo­nial­is­mus, Diskurs­the­o­rie und Reli­gion­säs­thetik? Über­legun­gen zu ihrem Nutzen für die reli­gion­s­geschichtliche Forschung (am Beispiel der Azteken)“ erschienen in der Zeitschrift für Reli­gion­swis­senschaft 2021 mith­il­fe der genan­nten Leit­fra­gen, und die Ergeb­nisse wur­den daraufhin im Plenum zu einan­der in Beziehung geset­zt.

Hier­bei bestand beson­deres Inter­esse an dem Ver­hält­nis unter­schiedlich­er Meth­o­d­en, wie postkolo­nialer Ansätze und Mate­r­i­al Reli­gion und inwieweit sie (un-)vereinbar sind. Die Teil­nehmenden betra­chteten zudem Ansätze ihrer eige­nen Forschung in Rela­tion dazu; eth­nol­o­gis­che und auch forschungsethis­che Aspek­te beim Umgang mit erhobe­nen Dat­en im Feld wur­den the­ma­tisiert. Frau Laack bere­icherte die Diskus­sion mit wertvollen Ein­blick­en in ihre eigene Arbeit. Das angeregte und anre­gende Gespräch machte ein­mal mehr deut­lich, dass der Aus­tausch mit Kolleg:innen ein wichtiges Ele­ment des Work­shops war.

Zen­tral war auch die Frage nach der Zukun­ft der Reli­gion­swis­senschaft: Welche zeit­gemäßen Ver­mit­tlungs­for­men notwendig sind, und was ein aktuelles Cur­ricu­lum umfassen sollte, wurde angeregt besprochen.

Ins­ge­samt waren die Teil­nehmenden sehr zufrieden mit einem kurzweili­gen, infor­ma­tiv­en und angenehmen Work­shop zum Ausklang des Som­merse­mes­ters, der Lust gemacht hat auf Aus­tausch und weit­ere Aktiv­itäten inner­halb ein­er zusam­menwach­senden Com­mu­ni­ty. Es war beson­ders erfreulich war für unser Pro­jekt, dass Teil­nehmende in diesem (und allen anderen) Work­shops über den geplanten deutschsprachi­gen Raum hin­aus sich aus Regio­nen der ganzen Welt dazuschal­teten, darunter Schwe­den, die Türkei  und Japan, teil­nehmen kon­nten und dass somit Ver­net­zung eine neue Dimen­sion gewon­nen hat.

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