Archiv mit Dokumentations­stelle

Foto: Susanne Sak­er

Das REMID-Archiv beherbergte eine einzi­gar­tige Samm­lung von sog. “grauer Lit­er­atur” der ver­schieden­sten Reli­gion­s­ge­mein­schaften in Deutsch­land: Zeitschriften, Broschüren sowie grundle­gende Schriften, ergänzt um einen kleinen Bestand an Sekundär­lit­er­atur. Seit Ende 2008 befand sich dieses Archiv in den Räu­men der “Neuen Kan­zlei” unter­halb des Mar­burg­er Schloss­es, in der auch das Fachge­bi­et Reli­gion­swis­senschaft und die Reli­gion­skundliche Samm­lung der Philipps-Uni­ver­sität Mar­burg unterge­bracht sind.

Ent­deck­ungsraum Archiv

Ein Archiv muss kein Raum ver­staubter Akten sein. Im REMID-Archiv wurde Reli­gion­s­geschichte lebendig. Die Mate­ri­alien geben Auskun­ft über Glauben, Diskus­sio­nen, Trends und Kon­tro­ver­sen in den ver­schiede­nen Gemein­schaften in Deutsch­land. Sie ver­mit­teln einen Ein­druck von der zunehmenden Plu­ral­ität der religiösen Land­schaft vor Ort. Lange bevor solche Entwick­lun­gen den Ein­gang in die wis­senschaftliche Lit­er­atur oder in Mate­ri­alien für die Schule gefun­den haben, wer­den sie in den Zeitschriften und anderen Selb­st­darstel­lun­gen sicht­bar. Andere Zeitschriften wiederum bericht­en wöchentlich, monatlich und manch­mal auch in größeren Abstän­den über diese Entwick­lun­gen.

Im REMID-Archiv befan­den sich rund 120 laufend einge­hende Zeitschriften und Schriften­rei­hen. Schw­er­punk­te sind Islam, neue Reli­gio­nen und christliche Son­derge­mein­schaften.
Das REMID-Archiv wurde 2019 in die Ver­ant­wor­tung der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek Mar­burg übergeben. Mit Unter­stützung der DFG wurde es nach inter­na­tionalen Stan­dards erschlossen, die Meta­dat­en wur­den in all­ge­mein ver­füg­bare Daten­banken einge­speist und nun, nach Abschluss des Pro­jek­ts ste­hen die Mate­ri­alien mit großzügi­gen Nutzungsmöglichkeit­en für die Forschung bere­it.

Eine wis­senschaftlich aufgear­beit­ete Fas­sung der ein­sti­gen REMID-Archiva­lien find­en Sie bei relbib.de.

Kon­takt

Web­seite der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek Mar­burg
Leitung: Dr. Renate Ste­gerhoff-Raab

Religiöse Quellen — zur Entstehung des REMID Archives

Wer sich mit aktueller Reli­gion­s­geschichte beschäftigt, kommt an den Mate­ri­alien und Selb­st­darstel­lun­gen, die von den ver­schieden­sten Reli­gion­s­ge­mein­schaften her­aus­gegeben wer­den, nicht vor­bei. Zeitschriften, Broschüren und Newslet­ter geben einen lebendi­gen Ein­blick in die The­men, Fra­gen, Diskus­sio­nen und auch Kon­flik­te, die in den Gemein­schaften behan­delt und aus­ge­tra­gen wer­den. Änderun­gen im Lehrver­ständ­nis sind hier genau­so doku­men­tiert wie neue Strate­gien der Mis­sion, der “Ziel­grup­penansprache” oder der Öff­nung zur Gesellschaft.

Die Möglichkeit dieser Innenan­sicht­en macht die sog. graue Lit­er­atur der Gemein­schaften und Bewe­gun­gen so wertvoll. Lei­der wird diese Lit­er­atur an den öffentlichen Bib­lio­theken nur sel­ten gesam­melt. Bei eini­gen Grup­pierun­gen, die in der Öffentlichkeit beson­ders kri­tisch gese­hen wer­den, gibt es manch­mal sog­ar die Hal­tung, dass deren Infor­ma­tio­nen keinen Ein­gang in staatlich finanzierte Bib­lio­theken fín­den dürften.

Aus Sicht der Reli­gion­swis­senschaft han­delt es sich bei diesen Mate­ri­alien um notwendi­ge Quellen, die das angestrebte voll­ständi­ge Bild der religiösen Land­schaft erst ermöglichen. Dabei geht es nicht um die dis­tan­zlose Über­nahme von religiösen Selb­stzeug­nis­sen. Zeitschriften und Broschüren sind vielmehr eben­so Quellen wie das per­sön­liche Gespräch. Sie erschließen das “Forschungs­feld” Reli­gion in der ihnen eige­nen Weise und kom­plet­tieren die Ele­mente, die zu ein­er umfassenden Analyse von Reli­gio­nen und ihren Gläu­bi­gen gehören.

Aus diesen Über­legun­gen her­aus hat der Reli­gion­swis­senschaftliche Medi­en- und Infor­ma­tions­di­enst e. V. REMID schon seit sein­er Grün­dung den Auf­bau eines Archivs mit Doku­men­ta­tion­sstelle betrieben. Was mit pri­vat­en Spenden nicht mehr genutzter Mate­ri­alien begann, hat sich im Lauf der Jahre zu ein­er der umfan­gre­ich­sten Samm­lun­gen dieser Art von Quellen der gegen­wär­ti­gen Reli­gion­s­geschichte entwick­elt. Immer wieder musste REMID seinen Stan­dort wech­seln, weil die wach­senden Bestände des Archivs zu Raumprob­le­men der Geschäftsstelle führten.

Alle Mate­ri­alien wer­den dem REMID-Archiv unent­geltlich zur Ver­fü­gung gestellt. Aus Sicht des Vere­ins ist dies ein deut­lich­er Ver­trauens­be­weis und spiegelt das Bewusst­sein, dass es unab­hängige Orte geben muss, an denen das gegen­wär­tige Leben in den Reli­gion­s­ge­mein­schaften — ins­beson­dere den­jeni­gen “neben den Kirchen” — doku­men­tiert und für jede*n zugänglich ist.

2008 wurde das Archiv in der “Neuen Kan­zlei” in Mar­burg unterge­bracht. Es ergänzte damit in die dort unterge­bracht­en Ein­rich­tun­gen der Uni­ver­sität: Die Reli­gion­skundliche Samm­lung, das Fachge­bi­et Reli­gion­swis­senschaft und die gemein­sam mit der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek betriebene Bib­lio­thek Reli­gion­swis­senschaft mit einem umfan­gre­ichen Bestand an Fach­lit­er­atur und zahlre­ichen Son­der­samm­lun­gen. Mit diesem Umzug wurde ein lange gehegter Plan von REMID Wirk­lichkeit: Das Archiv durch eine räum­liche Anbindung an die Uni­ver­sität einem bre­it­eren Benutzer*innenkreis zu erschließen. Diesem Wege fol­gend, fand das Archiv ab 2019 seinen Platz in der pro­fes­sionellen Auf­be­wahrung durch die Mar­burg­er Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek und den Tübinger Fach­in­for­ma­tions­di­ent Rel­Bib.

Deshalb ist das Archiv nicht nur ein Baustein für eine fundierte, sach­liche Auseinan­der­set­zung mit Reli­gio­nen. Wis­sen um die religiöse und kul­turelle Vielfalt ist eine wesentliche Voraus­set­zung für eine Kul­tur des Respek­ts und der Anerken­nung.